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Das Bobath-Konzept in der Pflege

Was steckt dahinter?

Pflegebedürftigkeit hat viele Gesichter. Eines der großen Sachgebiete ist die therapeutische bzw. pflegerische Begleitung von neurologischen Defiziten. Gerade wer einen Angehörigen hat, der unter den Folgen eines Schlaganfalls leidet oder diesen gar selbst pflegt, weiß dies nur zu gut.

Eines der verbreitetsten Konzepte im Rahmen der pflegerischen Betreuung neurologischer Störungen ist das sogenannte Bobath-Konzept, auch Neurodevelopmental Treatment (NDT) genannt. Erfahren Sie, was dahinter steckt, welche Vorteile das Konzept in der Praxis bietet und wie Sie selbst das Bobath-Konzept in der häuslichen Pflege umsetzen können.

Was steckt dahinter?

Definition: Was steckt hinter dem Bobath-Konzept?

Das Bobath-Konzept ist alles andere als eine Neuerscheinung. Bereits im Jahre 1943 entwickelten die Physiotherapeuten Dr. Karl Bobath und seine Frau Berta Bobath diese Therapieform. Bereits von Beginn an richtete sich das Prinzip auf die Behandlung von Pflegebedürftigen, die an Störungen des zentralen Nervensystems leiden.

Gemäß der Ansicht der Begründer handelt es sich beim Bobath-Konzept um einen ganzheitlichen Ansatz zur Problemlösung und nicht etwa um eine einzelne Technik. Im Fokus steht dabei die Integration der betroffenen Person in den Alltag. Schon damals wusste man nämlich um die beeindruckende Fähigkeit des Nervensystems, dauerhaft Neues zu erlernen bzw. wieder zu erlernen.

Gerade bei Patientinnen und Patienten mit neurologischen Störungen ist dies von hohem Interesse. Sind bestimmte Hirnareale etwa durch einen Schlaganfall geschädigt, ist das Nervensystem dazu in der Lage, gesunde Hirnregionen umzuprogrammieren. Diese wiederum können mit Hilfe des gezielten Trainings dann die „ausgefallenen“ Funktionen übernehmen.

In der Wissenschaft spricht man hier von der Plastizität des Gehirns. Die Verbesserung der neurologischen und motorischen Fähigkeiten unter anderem auf Basis dieses Konzepts ist mittlerweile durch die Wissenschaft gestützt. Um den Erfolg auch langfristig zu optimieren, wird das Bobath-Prinzip jeweils an die neuesten Erkenntnisse der Hirnforschung angepasst.

Darauf zielt das Bobath-Konzept ab

Da sich das Bobath-Prinzip als ganzheitliches Konzept versteht, sind die Ziele an den Voraussetzungen jeder betroffenen Person orientiert. Sie ergeben sich in erster Linie aus der bisherigen Lebensweise sowie dem individuellen Umfeld. Universell ist jedoch das Ziel, der betroffenen Person dabei zu helfen, Handlungsfähigkeit und Selbstständigkeit im Alltag zurückzuerlangen. Damit geht auch eine Reduktion möglicher Folgeschäden wie chronischen Schmerzen, Spastizitäten sowie Einschränkungen der Gelenkbeweglichkeit einher.

Die Behandlung an sich orientiert sich in der Praxis sehr eng an den Fähigkeiten der betroffenen Person. Somit lassen sich Strategien zur präzisen Bewältigung umsetzen, welche die Rehabilitation fördern. Einer der zentralen Pfeiler des Bobath-Konzepts ist das Prinzip des Förderns und Forderns. Bedingt durch die notwendige Eigeninitiative soll eine schrittweise Verbesserung auf allen Ebenen eintreten.

Alle Vorteile auf einen Blick

  • Durch die konsequente Anwendung kann die Verschlimmerung bzw. das Auftreten nachhaltiger Spastizitäten verhindert werden.
  • Das Bobath-Konzept bietet die Möglichkeit, den in der Regel deutlich erhöhten Muskeltonus der betroffenen Personen zu normalisieren.
  • Pflegebedürftige Personen profitieren von der individuellen Förderung ihrer Umwelt- und Körperwahrnehmung.
  • Es ist für die betroffenen Menschen möglich, die Kontrolle über die Motorik im Hals- und Gesichtsbereich zu verbessern.
  • Auch das Wiedererlangen der beidseitigen (normalen) motorischen Bewegungsfähigkeit des Gesichts wird durch das Bobath-Konzept angestrebt.
  • Durch neurologische Störungen ausgefallene Fähigkeiten und Bewegungsabläufe können dank der Neuroplastizität des Gehirns wiedererlangt werden.
  • Im Idealfall kann die Anwendung des Bobath-Konzepts die dauerhafte Pflegebedürftigkeit infolge neurologischer Erkrankungen reduzieren oder gar gänzlich verhindern.

Für wen eignet sich das Bobath-Konzept?

Auch wenn sich das Bobath-Konzept als „ganzheitliche Lösung“ betrachtet, ist die Zielgruppe für die Therapie relativ spitz. Sie richtet sich in erster Line an Menschen, die unter Erkrankungen des zentralen Nervensystems leiden. Aber auch für Patientinnen und Patienten, die mit Schädigungen des Rückenmarks oder des Gehirns kämpfen, kommt das Bobath-Konzept infrage. Zu den typischen Krankheits- und Verletzungsbildern gehören unter anderem:

  • Morbus Parkinson
  • Multiple Sklerose (MS)
  • Enzephalitis
  • Hochgradige Schädel-Hirn-Traumata
  • Gehirntumore
  • Hirnblutungen
  • Rückenmarksverletzungen
  • Schlaganfall


Insbesondere in der Schlaganfalltherapie ist das Bobath-Konzept sehr verbreitet. Diese Tatsache beruht auf den typischen Einschränkungen wie der halbseitigen Beeinträchtigung (Hemiparese) sowie der halbseitigen Lähmung (Hemiplegie). Ob eine Therapie nach dem Bobath-Konzept auch für eine von Ihnen betreute Person zielführend ist, besprechen Sie im Einzelfall mit dem zuständigen Arzt bzw. der behandelnden Ärztin.

Wo erhalte ich eine Behandlung nach dem Bobath-Konzept?

Besteht eine entsprechende ärztliche Diagnose kann die Behandlung nach dem Bobath-Konzept verordnet werden. Sofern eine Verschreibung vorliegt, übernimmt die gesetzliche Krankenkasse sogar die Kosten für die sogenannte „Krankengymnastik nach Bobath“.

Diese Behandlung kann jedoch nicht von jedem Therapeuten angeboten werden. Für die korrekte Ausführung sind speziell geschulte und ausgebildete Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten verantwortlich. Diese haben eine rund zwei- bis dreijährige Ausbildung durchlaufen, die unter dem Dach der International Bobath Instructors Training Association (IBITA) durchgeführt wird.

Die Institution wurde in Zusammenarbeit mit Berta und Dr. Karl Bobath gegründet und ist für die Kontrolle der fachlich korrekten Ausbildung und Durchführung verantwortlich. Auf der Suche nach einem geeigneten Therapeuten bzw. einer Therapeutin sollten Sie dementsprechend Ausschau nach einer IBITA-Zertifizierung halten.

Selbsthilfetraining – Bobath in den Pflegealltag einbinden

Damit das Bobath-Konzept Früchte tragen kann, ist eine regelmäßige und dauerhafte Anwendung essenziell. Dementsprechend groß ist nicht nur der Anspruch an das Fachwissen, sondern auch an den Zeitaufwand.

Umso wichtiger ist es, dass die Grundsätze des Konzepts bei gegebener Lage auch im heimischen Umfeld von pflegenden Angehörigen weitergeführt werden. Einige Krankenkassen sowie Wohltätigkeitsorganisationen bieten zu diesem Zweck spezielle Kurse an, im Rahmen derer Sie die Grundsätze des Bobath-Konzepts erlernen.

Diese Kurse ersetzen zwar keine professionelle Betreuung, sind jedoch ein weiterer Baustein des ganzheitlichen Therapiekonzepts. Sie befähigen pflegende Angehörige dazu, wichtige Maßnahmen wie das Selbsthilfetraining (ADL), die Mobilisation sowie die Lagerung durchzuführen.

  1. ADL-Training (Selbsthilfetraining)
    Einer der großen Schwerpunkte ist das sogenannte Selbsthilfetraining, kurz: ADL-Training. Das „Activity of the Daily Living“-Training soll die Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person durch die direkte Integration in den Alltag erhöhen.

    Im Kern geht es um das Durchführen von Alltagshandlungen in Begleitung bzw. mit Hilfe eines pflegenden Angehörigen sowohl mit als auch ohne Hilfsmittel. Die Übungen können dabei sehr individuell mit unterschiedlichsten Ausgangslagen dargestellt und zu jeder Zeit in den Alltag integriert werden.

    Im Zuge solcher Übungen lernen die Betroffenen etwa, wie sie ihren Muskeltonus in einer bestimmten Ausgangsstellung am besten kontrollieren, um eine bestimmte Alltagshandlung selbstständig auszuführen. Typische Beispiele für das Selbsthilfetraining sind unter anderem die Körperpflege, die Nahrungsaufnahme sowie das An- und Auskleiden.
  2. Mobilisation
    Wie in den meisten Pflegekonzepten spielt auch hier die Mobilisation (bzw. Handling) eine tragende Rolle. Dieser Punkt umfasst jede Form der Mobilisation der pflegebedürftigen Person, angefangen vom Betten über das Umlagern sowie das Aufstehen bis hin zum eventuell notwendigen Umsetzen in den Rollstuhl.

    Wichtig ist im Zuge der Mobilisation ein jederzeit therapeutisch korrektes Vorgehen mit den vorgesehenen Handling-Techniken. Nur so lässt sich der maximale Erfolg erzielen. In der Praxis führt die betreuende Person die Bewegungen des bzw. der Pflegebedürftigen.

    Mit Hilfe dieser Unterstützung sowie durch stetiges Wiederholen der Bewegungsabläufe erhält der Körper die notwendige Unterstützung, um die Motorik neu zu erlernen und erneut zu festigen. Auf diesem Weg können neurologische Patienten ein gewisses Maß an Beweglichkeit zurückerlangen.
  3. Lagerung
    Der dritte beachtenswerte Punkt für die Betreuung durch Angehörige nach dem Bobath-Konzept ist die richtige Lagerung pflegebedürftiger Menschen. Besonders wichtig ist die korrekte Lagerung in der Akutphase der Pflege, da sie gewissermaßen das wichtigste Lernangebot für den Körper darstellt.

    Ziel der fachgerechten Lagerung ist es, den Muskeltonus positiv zu beeinflussen. Da Pflegebedürftige beim Bobath-Konzept vergleichsweise hart gelagert werden, besteht insbesondere infolge der vorhandenen Störung der Körperwahrnehmung eine erhöhte Gefahr für das Wundliegen (Dekubitus).

    Dementsprechend sollten Angehörige, die das Bobath-Prinzip auch in der häuslichen Pflege einsetzen wollen, unbedingt einen Pflegekurs in einer professionellen Einrichtung belegen. Angehörige von Pflegebedürftigen mit einem anerkannten Pflegegrad (1 bis 5) haben dabei Anspruch auf die kostenfreie Teilnahme an (anerkannten) Pflegekursen.

Waschungen nach dem Bobath-Prinzip

Je schwerer die körperliche Beeinträchtigung, desto wichtiger ist die Stärkung der körperlichen Wahrnehmung. Im Gegenzug fällt genau das mit steigendem Beeinträchtigungsgrad immer schwerer – gerade im häuslichen Bereich.

Waschungen nach dem Bobath-Prinzip sind eine Möglichkeit, Patientinnen und Patienten mit starken motorischen und neuronalen Einschränkungen zu unterstützen. Ziel der Bobath-Waschung ist es, die Aufmerksamkeit der betroffenen Person auf die beeinträchtigte Körperregion zu fokussieren. In der Praxis funktioniert dies etwa nach dem folgenden Muster:

  1. Beginnen Sie die Waschung, indem Sie die pflegebedürftige Person darum bitten, sich aktiv auf die beeinträchtigte Körperregion zu fokussieren.
  2. Streichen Sie während der Waschung mit einem weichen Waschlappen stets von der gesunden zur beeinträchtigten Körperpartie.
  3. Erhöhen Sie beim Übergang zwischen der gesunden und der erkrankten Körperpartie den Druck leicht.
  4. Begleiten Sie Ihre Bewegungen während des Waschvorgangs mit Worten. Beschreiben Sie, was Sie tun und lassen Sie die betroffene Person somit gedanklich am Ablauf teilhaben.
  5. Achten Sie auf langsame Bewegungsabläufe. Bei der Bobath-Waschung steht nicht das Waschen an sich, sondern das Körpergefühl der betroffenen Person im Fokus.
  6. Fördern Sie die Aktvierung, indem Sie Ihren Angehörigen bzw. Ihre Angehörige die Bewegungen mitmachen lassen. Führen Sie dazu die Bewegung während der Waschung.

Wo liegen die Grenzen des Bobath-Konzepts?

Keine Frage: Das Bobath-Konzept ist vielversprechend und erzielt nicht selten erstaunliche Erfolge. Selbst bei einer Spastizität oder einem Hirnschaden ist häufig eine deutliche Besserung gegeben. Allerdings ist auch das Bobath-Konzept kein Wundermittel. Ungeschehen oder rückgängig machen kann dieser Ansatz eine Erkrankung oder Verletzung nicht. Wie groß die Erfolgschancen im Einzelfall sind, hängt von den individuellen Voraussetzungen der betroffenen Person ab.

Entscheidend ist neben der aktiven Mitarbeit der Patientinnen und Patienten auch das Zusammenspiel zwischen Therapeutinnen und Therapeuten, Pflegepersonal, ärztlichem Personal sowie den pflegenden Angehörigen. Ist etwa ein Hirnschaden infolge einer langanhaltenden Sauerstoffunterversorgung zu groß, sind auch die Besserungsaussichten durch das Bobath-Konzept minimal.