Behindertengerechtes Auto

Die wichtigsten Antworten zum Weg zurück in die Freiheit

Das eigene Auto ist in Deutschland wie in vielen anderen modernen Gesellschaften auch der Inbegriff für persönliche Freiheit. Ermöglicht es uns doch, jeden beliebigen Ort zu einem Zeitpunkt unserer Wahl zu erreichen. Sei es nun für den Weg zur Arbeit oder in der Freizeit. Gerade abseits der großen Städte ist ein Fahrzeug unverzichtbar.

Was aber, wenn uns diese Freiheit durch einen Unfall oder eine anderweitig ausgelöste Behinderung plötzlich genommen wird? Mit einem behindertengerechten Auto finden Sie den Weg in die Freiheit zurück. Aber wann besteht überhaupt ein Anspruch? Was kostet der Umbau? Und welche Zuschüsse kann ich erhalten?

Die wichtigsten Antworten zum Weg zurück in die Freiheit

Mögliche Umbaumaßnahmen für maximale Teilhabe

Für das Führen eines klassischen Fahrzeugs sind zwei gesunde Arme und Beine notwendig. Fällt also eines dieser Körperteile durch einen Unfall dauerhaft aus, ist an das Führen eines „normalen“ Wagens mit Schaltgetriebe nicht mehr zu denken. Im Fall einer Behinderung am linken Bein käme etwa die Anschaffung eines Automatikfahrzeugs in Betracht.

Aber selbst wenn beide Beine ausfallen, ist das noch lange nicht gleichbedeutend damit, nie wieder die Freiheit des eigenständigen Autofahrens genießen und ein selbstständiges Arbeitsleben führen zu können. In einem solchen Fall ist der Umbau eines Fahrzeugs zu Handgas und Handschaltung am Lenkrad möglich.

Wie der Name es bereits vorwegnimmt, lassen sich Gas und Bremse hier per Hand bedienen oder über einen Zusatzhebel ähnlich einem Schubregler bei Flugzeugen verwenden. Mittlerweile ist es sogar möglich, ein Fahrzeug durch die Nachrüstung des Lenkrads mit Multifunktionsdrehknäufen für die Einhandbedienung umzurüsten. Hinzu kommen weitere Umrüstmöglichkeiten wie die Herstellung der Rollstuhlkompatibilität.

Automatikgetriebe

Mehr als die Hälfte aller Neuwagen ist heute mit einem Automatikgetriebe ausgestattet. Der Kraftstoffverbrauch sinkt und die Bedienung ist einfacher. Die Gangschaltung eines Automatikgetriebes ist mit vier Buchstaben gekennzeichnet:

P = Parken
N = Neutral
D = Drive (Fahren)
R = Reverse (Rückwärtsgang)

Zum Starten eines Automatikautos wird zunächst das Bremspedal betätigt. Dann erfolgen der Start des Autos und das Einstellen des Getriebehebels auf die Position D. Nimmt der Fahrer in diesem Zustand den Fuß von der Bremse, rollt das Fahrzeug an und das Gaspedal kann betätigt werden.

Was bringt die Zukunft der selbstfahrenden Autos?

Selbstfahrende Autos können für Menschen mit Behinderungen in Zukunft ein Segen sein. Geht die technische Entwicklung so weiter wie bisher, werden nach Erhebungen des Bitkom in zwanzig Jahren mehr selbstfahrende Autos pro Jahr zugelassen als herkömmliche Fahrzeuge (siehe nachfolgende Grafik).

Im Idealfall sind autonome Fahrzeuge nicht mehr auf menschliche Hilfe angewiesen. Der Fahrer gibt nur noch das Ziel ein und übergibt dann das Steuer an den Autopiloten. Dieser steuert das Auto über die Straßen und passt sich dem Verkehr an. Darüber hinaus trifft er eigenständig Entscheidungen in gefährlichen und unerwarteten Situationen, was bereits zu ethischen Grundsatzdiskussionen geführt hat.

Bevor autonomes Fahren vollständig möglich ist, müssen neben den technischen Voraussetzungen auch die entsprechenden Gesetze angepasst werden. Dabei geht es um Fragen der Moral und der Haftung. Wenn jedoch in Zukunft vollständig selbstfahrende Autos zugelassen und alltagstauglich sind, werden viele Menschen mit Behinderungen ihre Mobilität zurückgewinnen. Auch Blinde können dann wieder mobil und völlig selbstständig am Straßenverkehr teilnehmen, was vor wenigen Jahren noch undenkbar war.

Datenquelle zur Grafik

Wer übernimmt den Umbau meines Fahrzeugs?

Wie Sie sehen, ist technisch einiges möglich. Gar nicht erst zu sprechen vom Potenzial, das das autonome Fahren in näherer Zukunft entfalten wird. Es stellt sich allerdings die Frage, wer den kostspieligen Umbau übernehmen kann. Ein behindertengerechtes Fahrzeug gibt es immerhin nicht von der Stange. Jedes Auto bzw. jeder Umbau ist eine individuelle Angelegenheit, was die Anforderungen und Anpassungen angeht.

Bevor Sie überhaupt darüber nachdenken, den Auftrag für den behindertengerechten Umbau zu vergeben, sollten Sie recherchieren. Der Bund behinderter Auto-Besitzer e.V. (BbAB) rät dazu, sich nicht auf Kataloge zu verlassen. Testen Sie ein Fahrzeug durch Einsteigen, Aussteigen, eine Sitzprobe und möglicherweise eine Probefahrt auf einem abgesperrten Gelände.

Der Umbau selbst sollte durch einen spezialisierten Fachbetrieb für Umrüstungen erfolgen. Spezialportale wie REHADAT-Autoanpassung.de dienen als Ausgangspunkt, um einen Anbieter in Ihrer Nähe zu finden. Aber auch der Autohändler Ihres Vertrauens ist mit seinen Kontakten ein guter Ansprechpartner.

Bund behinderter Auto-Besitzer e.V. (BbAB)

Wie der Name schon sagt, ist der 1994 gegründete Verein eine Informations- und Beratungsstelle für behinderte Autofahrer und Interessierte. Der Verein hat den offiziellen Herstellerrabatt für Behinderte beim Neuwagenkauf initiiert.

Darüber hinaus berät die Stelle mit Sitz im Saarland zu den Themen Parkausweis, Kfz-Steuerbefreiung, Führerscheinanpassung an die Behinderung, Fahrzeugkauf und behindertengerechte Zusatzausstattung am Fahrzeug. Die telefonische Beratung ist kostenlos, auch für Nichtmitglieder. Telefonnummer der Hotline: 06826 / 57 82.

Wie hoch sind die Kosten für ein behindertengerechtes Auto?

Technische Finesse und Arbeitsstunden haben ihren Preis. Einfache Umbauten wie der Einbau einer Handbedienanlage für Gas und Bremse (ohne den Einbau eines Automatikgetriebes) kosten etwa 2.500 bis 3.000 Euro. Der Heckeinstieg für Rollstuhlfahrer schlägt mit ca. 7.000 bis 9.000 Euro zu Buche.

Der Einbau eines Schwenksitzes auf der Beifahrerseite kostet rund 3.000 Euro. Ein Totalumbau, der nahezu alle technischen Möglichkeiten ausschöpft und die Bedienung des gesamten Autos mit nur zwei Fingern ermöglicht, kann dagegen mit bis zu 80.000 Euro ein tiefes Loch in die Ersparnisse reißen.

Wann habe ich den Anspruch auf ein behindertengerechtes Fahrzeug?

Grundsätzlich können Sie sich Ihr Fahrzeug jederzeit nach eigenen Wünschen bei einer Fachwerkstatt umbauen lassen. Ob Sie nun eine Fußheberschwäche haben, im Rollstuhl sitzen oder lediglich einen gesunden Arm zur Verfügung haben – all das spielt prinzipiell keine Rolle. Allerdings tragen Sie hier die Kosten zum großen Teil selbst.

Eine besondere Anspruchsgrundlage besteht für einen Umbau also nicht. Allerdings sind gewisse Voraussetzungen zu erfüllen, um beispielsweise staatliche Zuschüsse und sonstige finanzielle Hilfen zu erhalten. Ein Anspruch auf ein eigenes, behindertengerechtes Auto besteht etwa, wenn eine Schwerbehinderung mit einem Behinderungsgrad (GdB) von 100 Prozent vorliegt.

Zusätzlich muss das Merkzeichen „aG“ (außergewöhnlich Gehbehindert) offiziell testiert sein. Gleichzeitig muss eine zumindest teilweise sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit vorliegen, die die Nutzung eines Kraftfahrzeugs voraussetzt.

Behinderungsgrad

Der Grad der Behinderung ist eine Maßeinheit, die angibt, wie stark die körperliche, geistige, seelische und soziale Leistungsfähigkeit eines Menschen durch einen Gesundheitsschaden beeinträchtigt ist. Die Maßeinheit wird in Zehnerschritten angegeben und reicht von 20 bis 100.

Ab einem Grad von 20 gilt ein Mensch als behindert, ab einem Grad von 50 als schwerbehindert. Die Bewertung erfolgt durch Gutachter des Versorgungsamtes oder des Sozialamtes nach vorgegebenen Tabellen. Nach fünf Jahren findet eine Überprüfung statt.

Welche Zuschüsse gibt es für ein behindertengerechtes Auto?

Damit die hohen Kosten für ein behindertengerechtes Auto nicht zu einer finanziellen Überforderung führen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, Zuschüsse zu erhalten. Hier kommen Stiftungen, Rabatte und steuerliche Aspekte ins Spiel, die es auszuschöpfen gilt. Das behindertengerechte Auto kann so schnell um mehrere tausend Euro günstiger werden!

A) Steuerersparnis
Allem voran besteht die Möglichkeit, dass Sie von einer deutlichen Steuerersparnis im Hinblick auf die KFZ-Steuer profitieren. Grundvoraussetzung ist allerdings, dass eine Schwerbehinderung vorliegt und im Schwerbehindertenausweis die Merkzeichen G bzw. aG, H und BL enthalten sind.

Ist das Merkzeichen G verzeichnet, winkt ein Steuernachlass von 50 Prozent. Enthält der Ausweis die Merkzeichen aG, H und BL können Sie sich komplett von der Kfz-Steuer befreien lassen. Weitere Voraussetzung ist, dass das Auto auf den Inhaber des Schwerbehindertenausweises zugelassen ist und alle Fahrten zu dessen Haushaltsführung erfolgen.

B) Eingliederungshilfe
Im Bundesteilhabegesetz ist die sogenannte Eingliederungshilfe als Leistung zur Mobilität verankert. In einigen Fällen kann diese Unterstützungsleistung auch für den Umbau zu einem behindertengerechten Fahrzeug verwendet werden. Möglich ist hier neben einem Zuschuss zum Autokauf auch die Übernahme der Gesamtkosten für den notwendigen Umbau.

Um die Eingliederungshilfe zu erhalten, gelten einige Voraussetzungen wie unter anderem die Erwerbsunfähigkeit, eine Schwerbehinderung (aG, B, H) und die Einhaltung bestimmter Einkommens- und Vermögensgrenzen. Zudem muss die Nutzung eines Fahrdienstes oder des ÖPNV unwirtschaftlich oder unzumutbar sein.

C) Stiftungen
Zahlreiche Stiftungen und Initiativen setzen sich für die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen ein. Als solche unterstützen sie Menschen in Notlagen beispielsweise auch bei der Anschaffung oder dem Umbau eines Autos.

Wie hoch die Unterstützung der in der Regel durch Spenden finanzierten Organisationen ist, ist fall- und organisationsabhängig. Als Hauptkriterium für eine Förderung nennen die Stiftungen meist eine Notlage bzw. eine besondere Bedürftigkeit sowie eine Einkommensgrenze.

D) Kfz-Hilfe
Mit der sogenannten Kfz-Hilfe gibt es einen einkommensabhängigen Zuschuss für den behindertengerechten Umbau eines Fahrzeugs bzw. dessen Kauf. Wer in den Genuss der Förderung kommen möchte, muss ebenfalls einige Bedingungen erfüllen.

Wichtig ist neben einer definierten Einkommensgrenze und einer vorhandenen Berufstätigkeit auch ein Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen aG und einem GdB von 100 Prozent. Zudem muss der Wert des Fahrzeugs bei mindestens 50 Prozent des Neuwerts legen. Im Rahmen der Kfz-Hilfe werden sämtliche Kosten für den Umbau übernommen. Bei der Anschaffung dagegen beträgt der Zuschuss bis zu 9.500 Euro.

E) Neuwagenrabatte
Hätten Sie gewusst, dass Sie als Mensch mit Schwerbehinderung einen attraktiven Rabatt beim Kauf eines Neuwagens bekommen? Dieser wird Ihnen unabhängig vom gewählten Hersteller gewährt und beträgt zwischen 15 und 36 Prozent des Listenneupreises. Ob sich ein Hersteller bzw. Autohaus nun eher an den 15 Prozent orientiert oder einen höheren Rabatt anbietet, bleibt ganz ihm überlassen.

Für den Rabatt muss ein Schwerbehindertenausweis vorliegen. Welche Merkzeichen erforderlich sind, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Zudem muss das Fahrzeug in der Regel auf den Inhaber des Schwerbehindertenausweises zugelassen werden. Die Zulassung auf einen Angehörigen ist bei einigen Herstellern aber mittlerweile ebenfalls möglich.